Agil coachen: Der Wirksamkeits-Shift

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Agiles Vorgehen in Unternehmen hat sich von der Teamebene bis in die Unternehmensebene ausgebreitet. Um agiles Management zu etablieren, werden Frameworks, wie Scrum, Kanban, Safe und andere, eingesetzt.

 

Agile Führung wurde bekannt und begehrt, weil erfolgreiche, jüngere Unternehmen wie Spotify, Tesla oder Google dies in ihrer DNA verortet haben. Unternehmen, die es schon länger am Markt gibt, brauchen eine agile Transformation. Unternehmen, wie Microsoft, haben dies erfolgreich geschafft. Als Mitglied der Scrum.org habe ich tiefe Einblicke in diese Unternehmen bekommen, da Ken Schwaber und Jeff Sutherland, die Gründer von Scrum, diese Unternehmen zu einem frühen Stadium beraten haben.

 

Meine Erfahrung mit Unternehmen in Deutschland und der Schweiz, bei der agilen Transformation, die oft hundert Jahre und älter sind, zeigt, dass die Metapher von der Raupe zum Schmetterling hier passend ist. Der Shift zum Agilen ist mehr als ein Change. Transformation ist wie die Veränderung der Unternehmens-DNA. Ich höre Sprüche von Unternehmenslenkern wie: „Wenn wir nicht agil werden, dann gibt es uns in 10 Jahren nicht mehr“. Diese Rahmenbedingung zwingt Firmen zu Wirksamkeit. Pro-Forma SAFe oder SCRUM einzuführen, weil alle das tun, das reicht dazu nicht mehr aus.

 

Der Vormarsch der künstlichen Intelligenz und das Problem des Fachkräftemangels erfordert das Schöpfen des Potentials der eigenen Mitarbeiter. Im Digitalzeitalter vergrößern wir die Komplexität durch mehr Mitarbeiter die immer effizienter Dinge produzieren, die niemandem Nutzen liefern. Wir müssen das Erschaffene dann aufwendig Pflegen, obwohl es nutzlos ist.

 

Um für das digitale Zeitalter gerüstet zu sein, sind wirksame agile Coaches für die agile Transformation sehr gefragt. Es gibt spezielle agile Coaches, aber auch Scrum Master und agile Führungskräfte sind im Kern agile Coaches.

 

Aus meiner Erfahrung, bei der Begleitung dieser in den letzten 15 Jahren, bei großen und kleinen Unternehmen, möchte ich 5 Fehler aufzeigen, die du als agiler Coach begehen kannst. Ich habe sie alle gemacht und ich habe daraus meine Lehren gezogen.

5 Fehler, die ein agiler Coach vermeiden sollte

Fehler 1: Ohne Kooperationsvereinbarung in eine Transformation starten, statt einen Container für persönliches Wachstum zu implementieren.

 

Eine Transformation erfordert die Selbstentwicklung jedes Mitarbeiters. Dieses persönliche Wachstum benötigt einen Container für psychologische Sicherheit, damit dies möglich wird. Auch die Spielregeln für die Zusammenarbeit, in einem selbstorganisierten Team, sollten selbst gewählt werden. „Ihr müsst jetzt SCRUM machen!“, das hat mit Selbstermächtigung nichts am Hut.

 

In meinen Kursen zu Scrum und agile Leadership treffen wir diese Vereinbarungen auch miteinander. Das ist mehr als nur die Werte vorzugeben. Solch eine Kurssituation stößt eine persönliche Transformation an.

 

Fehler 2: Ziele setzen und Aufgaben verteilen, statt eine gemeinsam geteilte Vision entwickeln

 

Das Potential eines Teams zu nutzen ist der Schlüssel zu Effektivität. Effizienz in der Abarbeitung von Aufgaben, das ist längst nicht mehr ausreichend in einem komplexen Umfeld. Es gilt die Devise „Weniger ist mehr“. Entrümpeln, sowie Software und Prozesse, die niemandem nutzen liefern zu löschen, das ist der Ratschlag der Stunde.

 

Damit dies möglich ist, ist der sichere Container, in dem auch das Fehlermachen erlaubt ist, die Voraussetzung. So kann ein Team dazu ermächtigt werden zu einem gemeinsamen Denken angestoßen zu werden bei dem das Ganze mehr ist als die Summe der Teile.

 

Die Aufgabe des agilen Coaches ist es, diese gemeinsam geteilte Vision zu moderieren und in den Blick zu rücken, wie den Nordstern am Himmel.

 

Fehler 3: Der Einzelne bekommt eine Rolle zugewiesen, der er sich unterordnet, statt individuelles Selbst einbringen, wie bei einer Jazzband.

 

Weil Veränderung immer schneller ist und Innovationszyklen immer kürzer werden, gehen wir im agilen Vorgehen empirisch vor. Es ist der Weg von unbekannt zu unbekannt. In einer Jazzband gibt es keinen Dirigenten, sondern der Bassist gibt Rhythmus und Tempo vor. Wenn wir uns in einem Terrain des Neuen befinden, dann gibt es keinen Plan, sonst wäre es ja nicht neu. Damit ein Team sein Potential auf die Straße bringen kann, braucht es die Dynamik einer Jazzband.

 

Im Industriezeitalter ging es um die Reproduktion von Gütern am Fließband. Die Arbeitsteilung war das Geheimnis der Stunde. Im schnelllebigen Digitalzeitalter ist Kooperation die Erfolgsformel. Ich werde dann nicht selten gefragt: „Wie wird die Arbeit zwischen uns abgegrenzt“. Die Antwort liegt bei der Zusammenarbeit. Dieses verantwortlich sein für das Gesamtergebnis und nicht nur für die zugeteilte Aufgabe, das braucht die Selbstermächtigung jedes Einzelnen. Dies erfordert einen Lernschritt, der von dem agilen Coach angestoßen wird. Das kann nur gelingen, wenn vorher Fehler 2 nicht begangen wurde. Dies ist die Verantwortlichkeit eines Resultats orientierten agilen Coaches.

 

Fehler 4: Mit den Defiziten empathisch sein statt Impediments, Hindernisse und innere Barrieren zu durchbrechen

 

Als externer Coach und auch als Manager mit einer Coaching Haltung gibt es einen Kardinalfehler, den du machen kannst. Dieser ist es, wenn du mit den Schmerzen und Beklagen eines Teams Sympathie hegst. Das Team wird dich dafür lieben. Resultate wirst du als Coach jedoch nur erzielen, wenn du den Finger in die Wunde legst und auf die inneren Barrieren hinweist, die hinter den sichtbaren Hindernissen liegen.

 

Damit provozierst du den Konflikt im Team, der von diesem Hindernis verdeckt wird. Der einzige Weg auf die andere Seite des Konfliktes zu gelangen ist es, durch eine Transformation hindurchzugehen. Das schafft ein Coach nur dann, wenn stromaufwärts Fehler 1-3 nicht begangen wurde. Nur so kannst du als agiler Coach dem Team helfen den Durchbruch zu schaffen. Ich habe als agiler Coach schon Versöhnungsworkshops nach solch einem Konflikt durchgeführt, was dann zu einem deutlich erkennbaren Durchbruch führte.

 

Fehler 5: Nur lokale teambezogene Probleme einbeziehen, statt das ganze System von innen nach außen zu transformieren

 

Ein einzelnes Team, dass sich um Entwicklung, Marketing, Verkauf oder HR kümmert, kann in einer Zeit, in der es sich radikal in Richtung virtuelle Geschäftsmodelle bewegt, nicht viel ausrichten. Teams beklagen sich über die mangelnde Kooperation mit anderen Teams und vor allem mit dem Management. Die herausforderndste Aufgabe eines agilen Coaches ist es, dem ganzen Unternehmen zu helfen wirksamer zu werden. Es ist tödlich, wenn du stromaufwärts Fehler 1-4 begangen hast. Die Teams werden dann nicht miteinander kooperieren, sondern sich übereinander beklagen.

Fazit

Als agiler Coach wirst auch du deine Lektionen aus Fehlern lernen. Anti-Fragil zu sein bedeutet nicht das Gleiche, wie Resilienz. Es bedeutet aus Fehlern zu lernen. Dieser Weg kann schmerzhaft sein.

Auch ich habe diesen Weg beschritten und hätte ohne meine eigenen Coaches nicht die dazu nötigen persönlichen Wachstumsschritte machen können. Als Frau in einem männerdominierten Umfeld ist dies eine besondere Herausforderung, die ich zusammen mit Claire Zammit und ihrem „Institut for Women Centred Coaching“ für mich selbst erforscht habe.

 

In meinen Seminaren ist es mir ein Anliegen den Teilnehmern zu helfen, auf den Schultern meiner 30-jährigen Erfahrungen in der IT Branche zu stehen, um diese Fehler zu vermeiden.