Agile Führungskompetenzen

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Für die Softwareentwicklung setzen immer mehr Firmen auf agile Methoden. Dies bedeutet, dass Teams sich selbst organisieren um gemeinsam ein Produkt zu entwickeln. Dies ist ein radikal anderer Ansatz als klassisches Projektmanagement, bei dem Aufgaben an Einzelpersonen delegiert und von der Projektleitung kontrolliert werden. Selbstorganisation ist der Kern dieser Methoden, wie Scrum, Kanban oder Extrem-Programming (XP). Dies erfordert Führungskompetenzen, die auf Vertrauen Selbstverantwortung setzen.
Kürzlich, auf meiner Reise durch Indien, stellte ich mir die Frage, was der Unterschied zwischen Selbstorganisation und Chaos ist.

Die Straßen Indiens teilen sich Rikschas mit schnellen Autos und heiligen Kühen. Sie scheinen gleichzeitig eine Fußgängerzone zu sein. Hier gilt das Gesetz: „Der Schwächere hat Recht“. Gleich einem Schwarm organisieren sich die Verkehrsteilnehmer, achten auf einander und arrangieren sich. Der Tatsache, dass auch ich als Fußgänger als Teil dieses Schwarms unbeschadet an mein Ziel kam, überzeugte mich, dass es sich hier um Selbstorganisation handelt.Chaos

Ahimsa
Das Stichwort Ahimsa wurde nicht erst von Mahatma Ghandi erfunden, aber populär. Es bedeutet Gewaltfreiheit und schließt nicht nur Menschen ein, sondern auch Affen, Kühe und andere heilige Tiere. Marshall Rosenberg, ein Amerikaner, hat die Methodik der „Gewaltfreien Kommunikation“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltfreie_Kommunikation) geprägt und uns damit im Westen Ahimsa ein Stückchen näher gebracht. Softwareentwicklung bedeutet an erster Stelle Verhandlung und Kommunikation. Im Unterschied zur Verhandlung im Gerichtssaal, wollen wir mit unseren Kunden und Entwicklern die Anforderungen, Termine und Ressourcen immer wieder neu verhandeln. Es darf also keine Gewinner und Verlierer geben, sonst ist eine Produktentwicklung schnell zum Scheitern verurteilt und Motivation und Vertrauen sind dahin. Ahimsa kann uns hier der Leitgedanke sein, wenn wir auch morgen vertrauensvoll zusammenarbeiten wollen.
Vertrauen
Vertrauen ist ein großes Wort, das sich wie Liebe oder Mut nicht erzwingen lässt. Es ist schneller zerstört als aufgebaut. Ehrlichkeit, Respekt, Loyalität und Verantwortung sind Kriterien, die Vertrauen flankieren.
Für Manager ist das eine große Herausforderung, wenn Teams agil arbeiten möchten und sollen. Früher oder später tauchen Konflikte auf, die agil gelöst werden müssen, wenn die Beziehung zwischen Team und Manager nicht wieder alte Muster annehmen soll. Um einem Team durch seine Konflikte hindurch zu helfen, muss sich eine Führungskraft als Coach verdient machen statt dem Wunsch einzelner nachzugeben und als Steuerkünstler Mitarbeiter zu bestrafen oder gar zu entlassen. Stattdessen muss er darauf vertrauen, dass das Team in der Lage ist seine Konflikte selbst zu lösen und dies auch gegenüber Vorgesetzten vertreten. Er sollte dem Team also einen Vertrauensvorschuss einräumen, auch wenn dieser enttäuscht werden kann.
Führungsstärke
Auch bei agiler Produktentwicklung gibt es Normen und Regeln. Ein Framework, wie Scrum, stellt diese Spielregeln bereit. Diese Regeln schreiben eine regelmäßige Inspektion des Erreichten vor und entsprechende Anpassungen, wenn Ziele nicht erreicht werden. Dazu müssen Ziele vorab klar definiert und allen verständlich und bekannt sein.
Der agile Werkzeugkasten hält auch für das Management alle Werkzeuge bereit, die Notwendig sind um die nötige Transparenz zu erhalten. Am Ende jeder Iteration gibt es ein Review des Produktes. Dies ist der Zeitpunkt für die Inspektion und nötige Intervention. Die Zeitlänge einer Iteration stellt hier das Maß für Risiko dar, dass eine Führungskraft eingeht.
In einem klassischen Management Szenario heißt Führungsschwäche, wenn man nicht sagt, wo es lang geht und Aufgaben nicht sauber delegiert und kontrolliert werden. Mitarbeiter fühlen sich nicht ermächtigt selbst die Initiative zu ergreifen.
Bei einem agilen Management erwarten wir von den Teams, dass die selbstverantwortlich die Dinge vorantreiben und die Ziele im Blick behalten. Das ist vielleicht nicht unbedingt jedermanns Sache. So erlebe ich immer wieder in Teams, dass Einzelne in Krisensituationen vom Management eine Lösung erwarten statt selbst aktiv zu werden. Das sind alte Muster, die nicht von alleine verschwinden. Gerade bei sehr jungen Mitarbeitern kommt diese neue Art der Führung jedoch besonders gut an. Die Generation Facebook hat früh gelernt kollaborativ zusammen zu arbeiten.
Wir verlangen von der Führungskraft also Gewaltfreiheit, um das Vertrauen nicht zu zerstören. Dies erfordert mehr Fragen als Antworten. Der Manager wird hier zum Coach, der das Team zu Bewusstsein für den Kern des Problems führt.

Effektivität und Effizienz

Eine Führungskraft sorgt dafür, dass ein Team effektiv arbeitet. Dazu braucht das Entwicklerteam die nötigen Tools und Techniken. Dies erfordert eventuell Schulung und Investitionen. Wir waschen unsere Wäsche schließlich auch mit der Waschmaschine und nicht mit Waschbrett am Fluss. Dies ist die wichtigste neue Aufgabe einer agilen Führungskraft: dem Team dienen und ihm Schwierigkeiten aus dem Weg räumen.
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